Jürg Randegger, ist künstliche Intelligenz für Sie von Belang? Haben Sie schon Anwendungen?

Wo sehr viele Daten vorhanden sind und deren Verarbeitung nicht auf menschliche Intelligenz angewiesen ist, steht KI tatsächlich schon im Einsatz. Im Backoffice setzen wir KI zum Beispiel beim Herausfiltern von verdächtigen Zahlungen ein. Damit können wir eine höhere Sicherheit gewährleisten.

Es gäbe sicher noch viele anderen Anwendungen

Ja. Wir schauen uns jeden Use-Case mit unseren Partnern an. KI-Einsätze an der Kundenfront sind hingegen vorerst noch kein Thema.

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Warum? Ist die Entwicklung noch nicht so weit? Oder finden Sie, es geht nicht, Kundinnen und Kunden KI-Tools aufzudrängen?

Als Regionalbank ist die persönliche, individuelle Interaktion mit unseren Kundinnen und Kunden unser grösstes Asset. Wir leben von der Interaktion. Hier generieren wir den Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden. Entsprechend zurückhaltend sind wir beim Einsatz von KI an der Kundenfront. 
Andere Entwicklungen, mit denen wir den Kundinnen und Kunden Mehrwert bieten können, nehmen wir auf. So unterstützt z. B. ein Chatbot unsere E-Banking-Nutzerinnen und -Nutzer auch ausserhalb unserer Öffnungszeiten.

Zur Person Jürg Randegger
  • Seit wann CEO der ZürcherLandbank? März 2022
  • Höchste/letzte Ausbildung? Dipl. Ing. ETH
  • Alter: 47
  • Persönliche Infos: verheiratet, zwei Teenager, verbringt gern Zeit mit der Familie, beim Sport (v. a. Golf, Tennis, Jogging) und an der frischen Luft

Sind Sie auch in einem Banken-Netzwerk?

Ja, wir sind als sogenannte Plattform-Bank Teil des Clientis-Netzwerks mit total 21 Banken. Wir könnten gar nicht alles selbst bewältigen. Wir benötigen z. B. jemanden, der unsere IT-Plattform betreibt. Da dies im Netzwerk zusammen mit anderen Banken organisiert wird, kommen diese Dienstleistungen für uns alle günstiger. Diesen Mehrwert bietet uns das wertvolle Netzwerk Clientis. So können wir uns voll auf unsere Kundinnen und Kunden konzentrieren.

Warum sind Sie zum Netzwerk Clientis und nicht zu einem anderen Verbund?

Grund für den Entscheid war eine Kosten-Nutzen-Analyse. Hinsichtlich Kosten unterscheiden sich die verschiedenen Netzwerke nur unwesentlich. Unser Vorteil im Clientis-Netzwerk ist, dass wir in einem Netzwerk mit Banken ähnlicher Grösse und Ausrichtung sind. Ganz wichtig ist auch der intensive Austausch von Know-how zwischen ebendiesen Banken.

Tauschen Sie sich mit CEOs anderer Regionalbanken aus?

Ja. Wir verstehen einander nicht als Konkurrenz. Der Austausch mit anderen Regionalbanken ist sehr wichtig. So habe ich stets einen Sparringpartner für verschiedenste Themen. Wir können einander Fragen beantworten wie: «Wer hat was schon einmal ausprobiert? Wer hat schon Erfahrung in diesem oder jenem Thema gemacht?» Das hilft allen weiter.

Was sind in Ihren Augen in der Schweiz generell die wichtigsten Herausforderungen im Bankwesen?

Ich glaube, eine der wichtigsten Aufgaben der Banken ist, das Vertrauen von Kundinnen und Kunden in die Bank zu bewahren. Kunden vertrauen der Bank ihr Geld an, also müssen wir als Bank vertrauenswürdig agieren. Wir alle haben im letzten Jahr bemerkt, wie schnell das Vertrauen beschädigt werden kann. Wir wollen langfristig Wert schaffen und verschreiben uns nicht kurzfristiger Gewinnoptimierung. Die langfristige Zusammenarbeit und die Nähe zu den Kundinnen und Kunden stehen bei uns als Regionalbank an erster Stelle.

Da hilft Ihnen sicher die Struktur einer Regionalbank …

Ja. Der Druck, dass im nächsten Quartal die Rendite super ist, entfällt. Wir denken langfristig. Ausserdem muss ich nicht dauernd auf die Aktienperformance und die Investoren schielen. Unsere Aktionärinnen und Aktionäre verhalten sich eigentlich wie Genossenschafter. Die Zürcher Landbank ist ihre Bank, sie identifizieren sich sehr stark mit ihr, und sie möchten deren langfristiges Bestehen sichern. Dementsprechend handeln wir. Während andere Banken in der Vergangenheit ein starkes Auf und Ab verzeichneten, ist unsere Kurve gleichmässig nach oben gewachsen.

Können Sie sich etwas konkreter ausdrücken?

Unsere Bank gibt es seit 173 Jahren. Mein Ziel ist, die Zürcher Landbank gesund an die nächste Generation zu übergeben. Dafür setze ich mich und setzen sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag ein. Wir möchten den Menschen zeigen, dass sie mit uns einen bodenständigen, soliden und modernen Partner an ihrer Seite haben.

Natürlich gibt es noch weitere Herausforderungen im Banking, wenn wir den ganzen Finanzplatz anschauen, oder?

Sicher. Einerseits die zunehmende Regulierung. Und andererseits ist die ganze Digitalisierung eine Herausforderung, welche Veränderungen, Koordination sowie einen hohen Zeit- und Kostenaufwand mit sich bringt.

Aber auch eine Chance …

Exakt. Effizienzsteigerung, das Kundenerlebnis verbessern, Kosten senken, Risiken minimieren – das klingt erst einmal sehr gut, aber gleichzeitig muss man investieren. Das heisst, die Kosten steigen weiter, die Komplexität erhöht sich. Damit kommen wieder neue Risiken ins Spiel, etwa der ganze Cybercrime-Aspekt. 

Herrschen Ängste bei kleineren Banken, dass die Finanzmarktaufsicht Finma überregulieren könnte? Dass man zu viel verlangt? Teilen Sie diese Befürchtungen?

Ja, und ich denke, die Befürchtungen sind ein Stück weit auch begründet. Ich sehe aber natürlich auch, dass es für die Finma schwierig ist, überall und immer differenziert zu regulieren. Grundsätzlich stellen sich die Fragen: Bringt die Regulierung einen Mehrwert oder schafft sie nur Komplexität? Wem bringt sie einen Mehrwert und wem nicht? Und welches Risiko möchte man damit eindämmen?

Wie verschaffen Sie sich Gehör?

Mit dem Verband der Schweizerischen Regionalbanken (VSRB), der sich sehr stark für uns Regionalbanken einsetzt. Der Verband setzt sich z. B. für die besagte Differenzierung bei der Regulierung ein.

Merken Sie, dass Sie neue Kunden gewinnen, weil der Service von anderen Banken nicht mehr so gut ist wie vor 20 Jahren?

(Schmunzelt) Das merken wir schon seit zwanzig Jahren. Immer wenn eine Veränderung in unserer Branche stattfindet, gibt es wieder Kundinnen und Kunden, die sich überlegen: «Passt es noch für mich?» Für uns als kleine Regionalbank ist dies immer eine Chance. Aber es ist auch eine Herausforderung, überhaupt auf dem Radar potenzieller Kundinnen und Kunden zu sein.

Wie können Sie das verbessern?

Das Beste ist die persönliche Empfehlung bereits bestehender Kundinnen und Kunden. An diesem Thema arbeiten wir permanent, und es funktioniert sehr gut. In allen Dörfern in unserer Region stets präsent zu sein, ist aber eine grosse Herausforderung.

Was haben Sie für Möglichkeiten?

Wir setzen sowohl auf klassische Plakat- und Zeitungswerbung als auch auf modernere Instrumente wie die Bespielung sozialer Medien und weiterer Online-Kanäle. Ausserdem haben wir Sponsoring-Verträge, unterstützen regionale Vereine und nehmen an Aktivitäten von Ortsvereinen in den Marktgebieten teil. Wir versuchen das alles möglichst systematisch und umfassend zu machen. Aber natürlich sind unsere Mittel beschränkt.

Was möchten Sie unbedingt mit der Zürcher Landbank heuer umsetzen?

Ich habe zwei Vorsätze. Erstens das Partnernetzwerk ausbauen, besser nutzen, gemeinsam Sachen entwickeln, um voneinander zu profitieren und den Kundinnen und Kunden somit einen noch grösseren Mehrwert zu bieten. Zweitens, die Wahrnehmung unserer Bank verstärken. Wir wollen in der ganzen Region, nicht nur in den Kerngemeinden, wo wir physisch präsent sind, mehr positive Awareness schaffen.

Alle Direktoren von kleinen Banken, die ich bis jetzt getroffen habe, wirken irgendwie happy. Woran liegt das?

Man muss es wollen. Das ist vermutlich das Erfolgsrezept. Es ist deutlich vielseitiger als eine Aufgabe bei einer Grossbank mit all den Spezialistinnen und Spezialisten. Aber auch deutlich anspruchsvoller. Und ich schätze es sehr, dass man als Direktor in diesem KMU unternehmerischen Spielraum hat und wirklich etwas bewirken kann.

Sind Sie denn auch einmal in einer Grossbank gewesen?

Ich bin in einer Grossbank gross geworden. Grossbanken sind sehr gute Ausbildungsstätten. Man lernt viel, aber letztlich ist man ein kleines «Rädchen». In einer Regionalbank darf man sich um alles selbst kümmern. Und man kann viele längerfristige Beziehungen aufbauen und pflegen.

Grossbanken und Regionalbanken: Wo ist das Konkurrenzdenken grösser?

Der «Futterneid» ist in einer Grossbank relativ gross. Bei kleinen Banken ist das anders: Zu meinen Regionalbank-Kolleginnen und -Kollegen habe ich ein sehr offenes Verhältnis. Diesen Austausch hätte ich in einer Grossbank nie haben können. Wenn man die andere Seite einmal kennt, ist es wahnsinnig befriedigend, in einem KMU zu arbeiten.

Wie äussert sich das bei Ihnen?

Ich empfinde die Zusammenarbeit mit den Kundinnen und Kunden ganz anders als bei einer Grossbank. Hier bin ich viel nahbarer als in einer Grossbank – wo du nur Dienstleister bist. Hier haben alle das Gefühl, das sei ihre Bank. Die Identifikation ist sehr gross und mit vielen Kundinnen und Kunden ist man per Du.

Klingt begeistert …

Ich finde es unglaublich toll: Wir sind ein KMU mit 35 Mitarbeitenden. Ein wunderbares Team. Alle wollen miteinander die Bank weiterentwickeln für eine erfolgreiche Zukunft.

Die Zürcher Landbank (ZLB)
  • Gründungsjahr: 1851
  • Bilanzsumme in Millionen Franken: 1’023
  • Kunden in Tsd.: 10
  • Verbreitungsgebiet/abgedeckte Region: Region Winterthur und Umgebung
  • Aktiengesellschaft
  • Besonderes: Lange Tradition, regional tief verwurzelt und eng verbunden, modern, aber mit Fokus auf persönlichem Kundenkontakt – weiterhin Bargeld-Schalter im Angebot (Kundenbedürfnis), individuelle und unkomplizierte Lösungen und kurze Entscheidungswege
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