Ob Sergio Ermotti (63) letzte Nacht gut geschlafen hat? Er braucht am Mittwoch ein dickes Fell: An der UBS-Generalversammlung in der Basler St. Jakobshalle werden ihn UBS-Kleinaktionäre wohl mit Schimpf und Schande für sein Millionensalär eindecken. Generalversammlungen sind als Chropfleerete bekannt, die Aktionäre werden kein Blatt vor den Mund nehmen.

14,4 Millionen Franken kassiert Ermotti für seine Arbeit an der UBS-Spitze im Jahr 2023. Mindestens. Wenn er in den kommenden Jahren besonders erfolgreich geschäftet und die Boni-relevanten Ziele voll erfüllt, könnten am Ende fürs vergangene Jahr sogar über 20 Millionen rausspringen.

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«Bei der CEO-Vergütung ging jegliches Mass verloren», urteilt Actares, eine Organisation individueller Aktionäre, die sich für mehr Konzernverantwortung einsetzt. Ermottis zweistelliges Millionensalär sei «eine krasse Fehlleistung, die schmerzlich an vergangene CS-Sünden erinnert.» Im Vergleich zu den Voten, die Einzelaktionäre heute am Rednerpult gegen Sergio Ermotti richten werden, dürfte dies noch handzahm daher kommen.

Angestellte unter den Aktionären

Neben Ermottis Lohn dürfte auch die Zukunft des Bankpersonals in der Schweiz zu reden geben: 3000 Stellen sollen hierzulande abgebaut werden. Gemäss unbestätigten Berichten soll es noch dieses Jahr fünf grosse Entlassungswellen geben.

Die Verunsicherung bei den Angestellten von UBS und CS ist enorm. Einige halten die Füsse still – andere haben längst das Weite gesucht. Die Abgänge sind so schmerzhaft, dass die UBS ihnen im Geschäftsbericht ein eigenes Unterkapitel widmete.

Wer keine Anschlusslösung hat, ist allerdings schlecht beraten, ins Blaue zu kündigen: Das Stellenangebot bei den zehn grössten Schweizer Banken erreichte im April einen Tiefstwert.

Unter den Aktionären in Basel dürften auch viele UBS- und CS-Angestellte sein. Ob sie sich trauen, ans Rednerpult zu treten, um der Bankenspitze die Kappe zu waschen, ist allerdings fraglich. Wer will sich schon selber in die Schusslinie begeben?

Direkter Draht zu Ermotti

Jeder kann sich als Redner eintragen lassen. «Ich rechne damit, dass die GV dieses Mal sehr lange dauert», prophezeit Actares-Geschäftsführer Roger Said (53). An die letzte CS-Generalversammlung letzten Frühling dürfte sie allerdings nicht herankommen: Fünf Stunden dauerte diese, die Aktionäre mussten zwischendrin mit Schoggistängeli, Lindor-Kugeln und Wasserflaschen gestärkt werden, weil sich der anschliessende Apéro riche dermassen nach hinten verschob.

Trotz empörter Voten werden die Anträge der Konzernspitze an Generalversammlungen jeweils durchgewunken. Auch wenn die Aktionäre in der St. Jakobshalle laut sind: Sie sind kleine Fische im Vergleich etwa zum Vermögensverwalter Blackrock und der norwegischen Zentralbank Norges, den beiden grössten Aktionären der UBS. Diese haben bereits angekündigt, allen Anträgen der Bank zuzustimmen, vom Vergütungsbericht über die Entlastung des Managements bis zur Klimastrategie.

Ebenso die grossen Stimmrechtsvertreter Glass Lewis und ISS, die viele Aktionäre unter sich vereinen.

«Klar geht es bei der GV zum Teil um Show», sagt Actares-Geschäftsführer Roger Said. «Aber für die Kleinaktionäre ist das der einzige direkte Zugang zur Unternehmensspitze.» Ein Manager vom Format eines Sergio Ermotti nimmt den Sturm der Entrüstung gelassen zur Kenntnis. Die GV startet heute Mittwoch um 10.30 Uhr in der Basler St. Jakobshalle.

Der Artikel erschien zuerst beim «Blick» unter dem Titel: «UBS muss sich an ihrer Generalversammlung auf Schelte gefasst machen».