Crowdlending hat sich in der Schweiz als Finanzierungsquelle für Unternehmen und Privatpersonen schnell entwickelt. Seit der ersten Gründung einer Online-Plattform im Jahr 2008 sind die jährlich finanzierten Kreditvolumen auf 607 Millionen Franken im Jahr 2021 angestiegen. In den letzten zwei Jahren mussten aber Volumen-Rückgänge verzeichnet werden. Dies zeigt der heute veröffentlichte «Crowdfunding Monitor» des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern. 

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Zur Person Andreas Dietrich

Gastautor Andreas Dietrich ist Professor und Leiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern.

Mittels Crowdlending können Geldnehmer Kredite über Online-Plattformen aufnehmen. Diese Kredite werden von zwei oder mehr Investoren finanziert. Die Rolle des Vermittlers übernimmt eine Crowdlending-Plattform, wofür diese mit einer Gebühr entschädigt wird.

Innerhalb von Crowdlending werden drei Kategorien unterschieden. Kredite ohne Deckung mit Grundpfand an Privatpersonen (Consumer Crowdlending) können beispielsweise für Umschuldungen, Bildung, Autos oder Reisen benötigt werden. Daneben gibt es auch häufig Kredite an kleine und mittelgrosse Unternehmen (Business Crowdlending), welche meist ungedeckt sind, sowie Kredite sowie hypothekarisch gedeckte Kredite an Unternehmen, welche in der Regel in der Immobilienentwicklung tätig sind (Real Estate Crowdlending). Viele dieser Kredite sind nur kurzfristig und werden später von Banken abgelöst.

Zwölf Plattformen, fünf dominieren

Ende 2023 wurden in der Schweiz über insgesamt zwölf Plattformen Crowdlending-Kredite abgewickelt. Zu den bekanntesten gehören Plattformen wie Cashare, CG24, Lend oder Swisspeers. Der Markt ist relativ konzentriert. Die grössten fünf Plattformen in der Schweiz vereinen einen Marktanteil von 80 Prozent auf sich.

2,9 Milliarden Franken an Crowdlending-Krediten seit 2012

Wie der heute publizierte «Crowdfunding Monitor» zeigt, erreichte der Crowdlending-Markt im Jahr 2023 ein Kreditvolumen von 398,1 Millionen Franken. Die jährlich abgeschlossenen Kreditvolumen sind somit seit 2021 (607 Millionen Franken) deutlich zurückgegangen. Mit Blick auf die Teilsegmente von Crowdlending zeigt sich vor allem beim Real Estate Crowdlending ein markanter Volumenrückgang. Das Kreditvolumen dieses Teilmarkts hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als halbiert. Relativ stabil geblieben sind dagegen die Kreditvolumen an Privatpersonen und KMU.

Die im Crowdlending vergebenen Kreditsummen unterscheiden sich abhängig vom Segment. Bei KMU-Krediten lag das durchschnittliche Kreditvolumen bei rund 235’000 Franken. Im Consumer Crowdlending lagen die durchschnittlichen Kreditsummen praktisch bei rund 39’500 Franken. Beim Real Estate Crowdlending lag das durchschnittliche Kreditvolumen im Jahr 2023 bei etwa 960’000 Franken. 

Crowdlending als Nische mit grossem Potenzial

Bei der Betrachtung von Volumenzahlen im Crowdlending stellt sich immer auch die Frage nach der Relevanz des entsprechenden Crowdlending-Segments. Eine Möglichkeit zur Einordnung der Zahlen bietet ein Vergleich mit den Teilmärkten, in denen die Crowdlending-Plattformen aktiv sind. Relevante Märkte sind der Konsumkreditmarkt, der KMU-Kreditmarkt sowie der Hypothekarkreditmarkt.

Im Jahr 2023 wurden in der Schweiz insgesamt 129’064 Konsumkredite in der Höhe von rund 4,8 Milliarden Franken abgeschlossen (Daten: Zentralstelle für Kreditinformationen ZEK). Die Anzahl der im Jahr 2023 vermittelten Kredite im Consumer Crowdlending ist mit 2’209 im Verhältnis zum Gesamtmarkt (129’064) entsprechend sehr klein. Der Marktanteil von Crowdlending beträgt lediglich 1,3 Prozent. Eine weitere Vergleichsgrösse liefern die Daten aus der Statistik der Schweizerischen Nationalbank.

Die ausstehenden Kredite an KMU in den Bilanzen der Schweizer Banken betragen 393,4 Milliarden Franken. Die Proportionen weisen somit klar darauf hin, dass Crowdlending auch im KMU-Finanzierungsbereich ein Nischenmarkt ist – aber ein Nischenmarkt mit grossem Wachstumspotenzial.

KMU als interessante Kundengruppe

Ein näherer Blick auf den KMU-Kreditmarkt zeigt denn auch, dass es wohl durchaus KMU gäbe, welche an einer Alternative zur Bankfinanzierung interessiert wären (siehe KMU-Studie des Seco). Zwar lehnen Banken in der Schweiz lediglich 3 Prozent aller Kreditanträge von KMU ab. Zudem scheinen Schweizer KMU grundsätzlich zufrieden mit ihren Bankbeziehungen. Nur 1,4 Prozent der befragten KMU wechselten 2021 ihre Hausbank.

Auf den zweiten Blick zeigte sich aber auch, dass es unter den Befragten eine grosse Gruppe von «entmutigten» Kreditnehmenden gibt. Jedes zehnte KMU weist zwar einen Finanzierungsbedarf auf, beantragt aber aus diversen Gründen dennoch keinen Kredit bei einer Bank. Dies ist auch eine deutliche Zunahme gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2016. Damals zählten erst 6 Prozent aller Befragten zur Gruppe der Entmutigten.

Die Gruppe der entmutigten Firmen ist insgesamt mehr als 60-mal so gross wie die Gruppe der KMU, die trotz einem Kreditantrag keinen Kredit erhalten haben. Schätzungsweise rund 16’000 Schweizer KMU gehören in der Schweiz also in die Gruppe der entmutigten Firmen. Gerade diese KMU könnten für Crowdlending-Plattformen eine interessante Kundengruppe darstellen und das Volumen wieder erhöhen. 

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